Zu Besuch bei Gemma & Niccoló

INTERVIEW

Unweit des südlichen Ufers des Lago Maggiore und nur eine knappe Stunde von Mailand entfernt liegt – zwischen Eichen- und Kastanienbäumen verborgen – La Foleia: ein Ensemble aus zwei sich gegenüberstehenden Villen, welche nur durch einen verwunschenen Teich getrennt sind. Die in den 1980er-Jahren erbauten Gebäude, die sich lange Zeit im Besitz einer italienischen Botanikerin und eines Philosophen befanden, wurden von den Mailändern Gemma Richards und Niccoló Rignano 2019 übernommen und vollständig renoviert. Das junge Paar hat einen magischen Sehnsuchtsort erschaffen, der modernen Ansprüchen gerecht wird und zeitgleich den Charme vergangener Zeiten aufrecht hält. La Foleia vereint zwei exklusive Ferienhäuser mit kulinarischen Höhepunkten, Eventlocation, Wellnessbereich, Naturerlebnis und einem ganz besonderen Servicegedanken. Freifrau traf Gemma und Niccoló zum Interview und sprach mit Ihnen über die Seele von Orten, ihre Liebe zu Vintage-Möbeln und über Gäste aus der ganzen Welt. 

Freifrau: Wie ist die Geschichte La Foleias? Habt Ihr die Location gefunden oder kam die Location zu Euch?

Gemma: Es waren Niccolós Eltern, die uns darauf aufmerksam machten, dass die beiden Villen zum Verkauf standen. Anfangs dachten wir noch, dass wir nicht aus Mailand wegwollen, aber nachdem wir Fotos von dem Ort gesehen hatten, entschlossen wir uns, die Immobilie zumindest einmal anzuschauen. 2018 kamen wir zum ersten Mal her und es war Liebe auf den ersten Blick. Wir waren im Dezember da, es war kalt, grau und der See war zugefroren. In den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren hatte sich niemand mehr so wirklich um Anwesen und Grundstück gekümmert. Der vorherige Besitzer war fast 90 Jahre alt und wir denken, dass ihm irgendwann einfach die Kraft dazu gefehlt hatte. Und dennoch wussten wir schnell: Wir wollen diesen magischen Ort wieder aufleben lassen! Es hat sich einfach richtig angefühlt. Man kann also sagen, dass sowohl wir zur Location kamen als auch die Location zu uns. Dabei wollten wir uns gerade in Mailand niederlassen, nach dem ich mit meinem Psychologie-Studium fertig war, Niccoló seinen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften gemacht hatte und wir für einige Zeit zusammen die Welt bereist hatten. Uns war zwar schon länger war, dass wir unser berufliches Standbein in der Gastronomie und im Gastgewerbe finden wollten, aber von einem Projekt wie La Foleia hätten wir nicht zu träumen gewagt …

Was beutet der Name La Foleia?

Gemma: Der Name kommt aus dem Lateinischen – aus dem mittelalterlichen Latein – und bedeutet so etwas wie Wahnsinn. Wir haben uns für den Namen entschieden, da es schlichtweg wahnsinnig war, diesen Ort, wie er heute ist, zu schaffen. Neben der Sanierung der vorhandenen Gebäude, der achteckigen Villa Ottagonale und der gegenüberliegenden, etwas kleineren Villa Padiglione, haben wir eine Rezeption, eine große Küche für Events und einen Spa-Bereich neu geschaffen.     

 

Wie war der Zustand der beiden Villen und des Grundstücks, als ihr zum ersten Mal herkamt?

Niccoló: La Foleia sah vollkommen anders aus als heute! Die Villa Padiglione beispielsweise war einfach nur eine Art Hülle, in der sich ein Wohnzimmer befand. Wir haben alles erneuert: von der Elektrik über die Kanalisation bin hin zu den Fußböden, Bädern und Küchen, wobei wir versucht haben, so viel wie möglich zu erhalten. Am meisten Arbeit war jedoch wirklich der Garten. Die Pflanzen wurden so lange nicht mehr zurückgeschnitten, dass er zu einem scheinbar undurchdringbaren Dickicht geworden war. Auf der einen Seite war es faszinierend zu sehen, wie sich die Natur verhält, wenn sie sich ganz frei ausbreiten kann, auf der anderen Seite ist es eine bis heute andauernde Arbeit, den Garten wieder begehbar und nutzbar zu machen.

Das Gewässer, das wir vorfanden, war so zugewuchert, dass es noch nicht einmal mehr als Teich bezeichnet werden konnte. Es gab keinen Mechanismus, um das Wasser zu bewegen, sodass es sehr viele Algen gab – es roch auch nicht besonders gut. Wir hätten es eigentlich zuschütten müssen, aber dachten uns: Es wäre toll, den See an sich und vor allem den Blick darauf wieder herzustellen! Also entschieden wir uns, den See zwischen den beiden neoklassizistischen Villen neu auszuheben, damit er sein Wasser aus einer natürlichen Quelle bekommt. Auch wenn wir heute mit Filtern arbeiten, haben wir ein natürliches Ökosystem geschaffen, das Lebensraum für die ansässige Flora und Fauna bietet. Es gibt zum Beispiel Fische, die das ganze Jahr über alle Mückenlarven im See fressen. Das heißt, im Sommer gibt es wirklich wenig Mücken. Wir haben viele Freunde hier - Wildgänse und Reiher kommen, um ihre Eier zu legen, ihre Familien zu gründen, und dann ziehen sie weiter. Das ist schön, zu beobachten.

Als ihr mit der Sanierung der beiden Villen begonnen habt, hattet ihr da so etwas wie einen festen Plan im Kopf, wie sie aussehen sollten?

Niccoló: Wir haben versucht, die antike Schönheit des Ortes beizubehalten, ohne zu viel zu verändern.

Gemma: Das Anwesen hat wirklich eine sehr starke Persönlichkeit. Als wir herkamen, dachten wir: Okay, alles ist zwar sehr heruntergekommen, aber dieser Ort hat wirklich eine eigene Identität und eine Seele. Wir wollten nichts tun, um diese zu verändern. Wir wollten sowohl die Gebäude als auch das Drumherum aufwerten und vergangene Schönheit zurückbringen.  

Niccoló: Die Villen sehen sehr alt aus, sind es aber eigentlich nicht – sie wurden Ende der 1980er-Jahre fertig gestellt. Der ursprüngliche Stil kann als neoklassizistisch beschrieben werden, daran wollten wir nichts ändern. Unser besonderer Fokus lag auf der Inneneinrichtung: Wir fuhren zu Antiquitätenmärkten in Italien, aber auch in Frankreich. Wir haben versucht, Gegenstände und Mobiliar mit Geschichte zu kaufen und auf Neuware zu verzichten. Das liegt zum einem an dem gewünschten Stil, aber auch daran, dass wir hohen Wert auf Nachhaltigkeit legen.

Welche Rolle spielt der Garten von La Foleia?

Gemma: Wie schon gesagt, als wir ankamen, war alles ein großes Dickicht. Aber es war klar, dass der Garten Teil des Juwels ist. Wir wollten ihn nicht nur kennenlernen, sondern ihn wirklich kennen und verstehen. Ursprünglich wurde er von der Vorbesitzerin mit Hilfe des renommierten Gärtners Gianfranco Giustina angelegt, dem ehemaligen Chefgärtner der Borromäischen Inseln, der 2014 von der Royal Horticultural Society zum besten Gärtner der Welt gekürt wurde. Durch eine Reihe von Zufällen kamen wir an seine Telefonnummer – und er kann zurück. Und er brachte seine Neffen mit, die er ausgebildet hat, sie sind heute unsere Gärtner, aber Ginafranco berät uns und sie immer noch.

Wie würdet ihr eure persönliche Beziehung zu La Foleia beschreiben? 

Gemma: Die ist auf jeden Fall sehr stark! Wir leben nun seit 2019 auch selbst hier und haben die gesamte Covid-Zeit hier verbracht. Wir lieben den Ort mit all seinen positiven und negativen Seiten – negativ, weil es so viele Probleme mit der Sanierung gab, die viel Zeit gekostet haben. Positiv, weil es so ein wunderbarer Fleck Erde ist!

Niccoló: Es ist für mich lange Zeit eine Beziehung von Liebe und Hass gewesen. Für alles, was wir tun wollten, brauchten wir vier- oder fünfmal so viel Zeit wie geplant. Die Handwerksarbeiten, die Materialen, die Pflanzen, das Mobiliar – alles benötigte gesteigerte Aufmerksamkeit. Aber ich liebe La Foleia. Es ist ein großes Glück, die Begeisterung unserer Gäste zu sehen.

Gemma: Ja! Die Arbeit, die dahinter steckt, steht in einem ausgewogenen Verhältnis dazu, wie glücklich die Leute sind, wenn sie kommen.

Habt ihr bei den Umbauarbeiten auch innere Schätze gefunden? Also Mobiliar, das sich auch heute noch in den Villen befindet?

Gemma: Es gab tatsächlich ein paar Dinge, die der alte Besitzer uns hinterlassen hat, zum Beispiel die ikonischen Liegestühle. Auch haben wir zahlreiche Fotos behalten, die jetzt die Wände schmücken.

Niccoló: Auch eine alte Dormeuse ist bei uns geblieben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein anderes Möbel gibt, das so gut in das Haus passen würde.

 

Welche Art von Gästen buchen La Foleia?

Gemma: Es ist eine echte Mischung. Wir haben La Foleia während Covid eröffnet – eine Zeit, in der wir in Italien nicht reisen durften. Also haben wir damit angefangen, Fotoshootings zu organisieren. Heute begrüßen wir eine Menge Mailänder:innen, die vor allem kommen, um besondere Anlässe zu feiern oder einen erholsamen Kurzurlaub ohne lange Anreise zu machen. Oft finden aber auch Franzosen und Französinnen ihren Weg zu uns, wahrscheinlich weil im französischen Fernsehen über La Foleia berichtet wurde. Es kommen Paare, Familien, Gruppen von Freunden, manchmal Teamausflüge – unsere Gäste sind sehr verschieden und stammen aus der ganzen Welt. Selbst ein saudischer Prinz war schon unser Gast...

Wie versteht ihr euch als Gastgeber?

Gemma: Wir sind da, aber wir sind nicht da. Wir selbst oder unsere Managerin stehen ständig für jeden Service zur Verfügung, ohne aufdringlich zu sein. Wir wissen genau, wann wir uns zurückziehen müssen. Wir spüren, wer seine Ruhe und Intimität möchte und wer sich gerne unterhalten möchte.

Was wollt ihr, dass die Leute fühlen, wenn sie den Ort betreten?

Gemma: Wir wollen, dass unsere Gäste das Gefühl haben, an einem luxuriösen, aber gleichzeitig authentischen Ort zu sein. Es ist also keine Location, die sie mit pompöser Ausstattung und Gold übermannt. Es geht darum, die richtige Balance zwischen besonderem und ehrlichem Ambiente zu schaffen, bei dem Qualität – von der Ausstattung und Materialien bis zu Speisen und Getränken – eine große Rolle spielt. Wir wollen ein Gefühl von Heimat kreieren. Ein ländliches, heimeliges Gefühl an einem Ort, an dem es an nichts fehlt. 

Niccoló: Genau – wir wollten auf keinen Fall ein aristokratisches Haus erschaffen. Die Idee ist es, dass die Gäste sich fühlen, als ob La Foleia schon immer da war. So als würde man einen lieben Freund oder eine liebe Freundin besuchen.

Vielen Dank für das Gespräch!